Moderatorin Heidi Prieß, brachte das
"Bühnenfieber" mit einem umgetexteten Knef-Klassiker auf
den Punkt: "Das Beste ist, uns macht das Spaß."
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"Soll i aus
mei'm Hausi naus? Oder soll i aus mei'm Hausi... nit naus?" Wer
auf der Bühne die ums Vorhang-Eck lugende Schnecke gibt (im
Fifty-Fifty war es der Pantomime Benedikt), hat ihre Grundsatzfrage
- exponiere ich mich jetzt, oder später, oder gar nicht? - für
sich selbst bereits entschieden. überwundenes Lampenfieber und
Exhibitionismus ergeben eine suchtgefährliche Melange - das
"Bühnenfieber". Zum Auftakt des sechsten gleichnamigen
Brettl-Talentschuppens wusste Moderatorin Heidi Prieß ein Lied
davon zu singen.
Ein Abend des
gequälten Achtungsapplauses für peinlich Dilettierende? Nix da.
Andreas Büelers Idee, zwang- und vorgabenlos in freundlicher
Atmosphäre die schlummernden regionalen Künstler-Ressourcen
wachzukitzeln, ist erneut aufgegangen. In einem proppenvollen Saal
bewies das Publikum Neugier und Qualitätsvertrauen.
Nicht alle
Teilnehmer schnupperten die Bühnenluft des Fifty zum ersten Mal,
Umjubelter Veteran ist der Pantomime Benedikt: Diesmal begeisterte
er als Kirchenchorist, der überm Singen wegdämmert, in einer
Paradieslandschaft die Liebe findet und in die (p)rüde Realität
zurückgerissen wird, als er traumverloren den Chornachbarn
knutscht.
Beim
letzten Mal noch a cappella, diesmal mit Pianist: "Tobias, 2x
Jochen, Bernd und Christian" ernteten nach "Guter Mond, du
gehst so stille" heißen Applaus und Zugabenwünsche.
Von andernorts bewährt: der Kabarettist Lutz Gombeck bot im
zackigen Hörsaalton alter Schule einen dialektologischen Abriss über
Franken und Sachsen: "Ei vorbibbsch" kontra "Etz
abber!". Joseph Feiertag schlug - "sage mir: wieso hab ich
meine Unschuld verloren?" - eher biblisch-lyrische Töne an.
Beide sind derzeit am Fürther Stadttheater mit der Produktion
"Leonee und Lena" beschäftigt.
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Hauch von
"Mini-Playback-Show"
überhaupt, die
Unschuld: Ein Hauch von "Mini-Playback-Show" erhob sich,
als Tina (11 Jahre) und später Senja (9) die Hüften kreisen ließen
- Tina als "Vengaboys"-Partygirl ("Shalalalala in the
morning..."), Senja als Bauchtänzerin. Tina steckt tief in der
Model- und Statisten-Karriere - sie agierte schon an der Seite von
Stefanie Hertel und den Münchner Tatort-Kommissaren.
Auch Sopranistin
Heidi, Schließer stand schon als Elfjährige im Rampenlicht. Das
ist nun 13 Jahre her und hat sich ausgezahlt: Ihr Profi-Trio
"Tandara3" mit Pianist Frank und Tenor Stephan sorgte
erneut für den höchsten Ausschlag auf dem Applausbarometer. Mit
Mut zu lasziven Gestus, fideler Doofheit und, musikalischem
Experiment wurden Weill und Lehár, Brecht und Balz zu einer
Mini-Operette rekombiniert: "Hommage an die Entjungferung der
Polly Peachum". Aus Stephans Armen diffundiert Heidi nach und
nach auf Franks Flügel, und der Verlassene schmollt: "Man müsste
Klavier spielen können..."
Fazit. Natürlich
haperte es bei manchem Frischling noch an der Gesangstechnik, am Mut
zum freien Sprechen oder einfach an der Präsentation. Ausbaufähig
ist vieles. Aber allen, die den ersten Schritt gewagt haben, wünscht
man genug "Bühnenfieber" an den Hals, diesen Ausbau auch
betreiben zu wollen - öffentlich. Naus aus'm Hausi und nit wieder
nei!
CLEMENS
HEYDENREICH
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